Muss es immer neu sein?
Wer kennt das nicht: in der Generation unserer Großeltern wurde etwas noch „für’s Leben“ angeschafft. Die sogenannte Aussteuer hielt oft bis zum Tod und wurde dann oft noch in Teilen weiter vererbt. Da stellte sich weder die Frage nach alt oder neu, noch nach Ressourcenverbrauch. Und Nachhaltigkeit war ein noch unbekannter Begriff. Was kaputt war, wurde repariert. Die Kriegsgeneration kannte noch echten Mangel, auch an den simpelsten Dingen. Deswegen waren Rohstoffe und gebrauchte Dinge durchaus wertvoll. Bei meinen Eltern dagegen – die das Wirtschaftswunder miterlebten, war es ein Zeichen von „sich leisten können“ wenn man etwas Neues kaufte. Altes wurde ohne viel Federlesens auf dem Müll entsorgt. Meine Eltern wären im Traum nicht auf die Idee gekommen, etwas gebraucht anzuschaffen. Nicht einmal ein Auto! Dem Gebrauchten haftete scheinbar irgendein Makel an. „Es geht wieder aufwärts“ wurde auch durch die Anschaffung von neuen Dingen dokumentiert. Ressourcen waren anscheinend unendlich vorhanden und auf deren Verbrauch nicht besonders geachtet.
Wie geht heute die Generation Baby-Boomer damit um?
In meiner Generation, die der Baby-Boomer ging es die ganze Zeit aufwärts. Das hieß, es wurde immer mehr und immer schneller und kurzlebiger produziert und auch konsumiert. Produzieren heißt aber auch Ressourcen verbrauchen: Wasser, Energie und Rohstoffe. Heute wissen wir, dass wir viel mehr Nachhaltigkeit brauchen, denn bereits im Mai des Jahres 2020 hatten wir so viele Rohstoffe verbraucht, dass wir mehr als nur eine Erde bräuchten um so weiter machen zu können! Siehe Earthovershootday Daraus müsste jeder logisch denkende Mensch schlussfolgern: wir müssen in Zukunft den Verbrauch von Ressourcen deutlich einschränken und nachhaltiger wirtschaften. Tun wir aber nicht. Wir schaffen zwar durch technischen Fortschritt die Voraussetzungen für Einsparungen, machen diese dann aber durch Mehrverbrauch wieder zunichte.
Ein Ansatzpunkt zur Ressourcenschonung ist, Dinge länger zu benutzen, sie reparieren zu lassen und nicht alles neu zu kaufen! Wenn man diesen Ansatz erst einmal verinnerlicht hat, stellt man sich bevor man etwas anschafft einfach 2 Fragen:
- Brauche ich das wirklich?
- Muss ich das NEU kaufen?
Ist die erste Frage mit JA beantwortet, prüft man einfach, ob man das, was man unbedingt braucht, denn auch zwingend neu kaufen muss? Oder tut es nicht ein Gegenstand, den es schon gibt? Den ich gebraucht erstehen kann? Hier ein paar Beispiele von Plattformen für Gebrauchtes:
So gibt es tolle gebrauchte Bücher z. B. bei Medimops, Booklooker oder rebuy. Dort kann ich auch Bücher verkaufen, die ich nicht mehr in meinem Schrank stehen haben möchte. Oder DVDs, für Menschen die nicht ausschließlich streamen.
Auch Möbelstücke gibt es oft gebraucht und aufgearbeitet in viel besserer Qualität als sie heute neu hergestellt werden: in Geschäften die Waren aus Haushaltsauflösungen verkaufen, auf Antik- oder Flohmärkten oder bei Ebay-Kleinanzeigen, wo vieles sogar verschenkt wird.
Ein ganz wunder Punkt ist der hohe Verbrauch und die kurze Nutzungsdauer bei Smartphones, Laptops und anderer Unterhaltungselektronik. Ich habe entdeckt, dass es jede Menge guter Quellen gibt, wo ich solche Geräte (sogar bis zum neuesten Modell) in general-überholter Qualität und mit 1 jähriger Garantie bekomme. Natürlich sind diese Geräte deutlich günstiger als neu. Backmarket, rebuy, Clevertronic und viele andere. Ich nutze mein so erstandenes Tablett und Handy seit etwa 2 Jahren. Und ich habe mir bewusst NICHT das neueste Modell ausgesucht. Auch das schon den Ressourcenverbrauch und ist nachhaltig.
Aber auch viele andere Dinge brauchen oft nicht unbedingt neu zu sein, denn überall werden sie auch in gutem Gebrauchtzustand angeboten. Ich habe z.B. für meine selbstgerechten Liköre jede Menge schöner alter Kristallkaraffen bei Ebay (wähle extra gebraucht als Zustand aus!) für ein paar € gekauft. Okay, manchmal muss man ein wenig suchen und stöbern, aber das macht ja auch Spaß und man bekommt einen guten Blick für die dargebotene Qualität. Auch tolle Stücke von altem Weihnachtsbaumschmuck habe ich so schon erstanden!
Und noch eine Quelle für Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit finde ich sehr unterstützenswert: Sozialkaufhäuser und Kleiderkammern. In erstes bringe ich gern funktionsfähige Elektrogeräte und Geschirr, kaufe aber auch einige Sachen wenn ich gerade etwas bestimmtes brauche und es dort angeboten wird. Gebrauchte Bekleidung bringe ich meist in die Kleiderkammer im Nachbarort, da sie hier noch einem guten Zweck zugeführt wird und nicht nach Afrika verramscht wird, wo es kleine lokale Erzeuger kaputt macht.
Ich mag zeitlos klassische Dinge, die hochwertig gefertigt werden. Bei diesen Dingen, wie.B. Schuhen, lohnt es sich dann auch, sie reparieren zu lassen. Einen Schuster findet man fast in jeder kleineren Stadt tatsächlich noch! Man muss sich einfach nur verinnerlichen, dass Reparatur immer die Ressourcen schont und obendrein handwerkliche Berufe und Traditionen pflegt: Schuster, Elektriker, Schreiner, Restaurateure, Uhrmacher, Täschner, Sattler uvam.
Ganz wichtig ist mir, dass ich nicht nur auf Gebrauchtes zurückgreife, um Geld zu sparen! Das ist ein angenehmer Nebeneffekt. Mein Hauptgrund ist es einfach, nicht achtlos ein – meistens industriell gefertigtes – Neuprodukt zu kaufen, sondern jedes Mal zu überlegen, ob es nicht das Produkt schon gibt und ich es einfach gebraucht erwerben kann und somit den Ressourcenverbrauch vermindere. Dabei ist es nicht wichtig, dass ich das IMMER und bei allen Dingen tue. Entscheidend ist, das ich mir Gedanken mache. Jedes mal bewusst entscheide, ob ich mir vielleicht das eine gebraucht kaufe, um mit dem eingesparten Geld mir z.B. ein höherwertiges und langlebiges Kleidungsstück neu zu kaufen. Hat man sich das erst einmal angewöhnt, kann man gar nicht mehr anders! Den Ansatz den Verbrauch von Rohstoffen zu senken verfolgt auch die Kreislaufwirtschaft oder Cradle to Cradle genannt: Dinge werden entweder repariert oder recycelt. So wird der Verbrauch von Rohstoffen minimiert und die Erde maximal geschützt. Arbeitsplätze entstehen nicht durch immer mehr Neuproduktion, sondern durch die Tätigkeiten, die Durch die wiederverwertung benötigt werden. Es wird renoviert, restauriert, repariert, Neues aus Altem erzeugt und dafür braucht es viele Menschen mit dem entsprechenden Wissen für dieses Tun. Auch wenn wir davon noch weit entfernt sind kann jeder einzelne schon heute viel dazu beitragen: ganz einfach durch bewussteren Umgang bei seinem eigenen (Kauf-)Verhalten.
Macht mit – es ist KEIN VERZICHT, es ist Einsicht und Umdenken. Und es macht Freude etwas FÜR unsere Welt zu tun. JEDE TAT zur Ressourcenschonung und zu mehr Nachhaltigkeit ZÄHLT!
6 Comments
Liebe Birgit,
ein toller Beitrag! Ich stimme ihm voll zu und wollte ergänzend noch Bücherschränke und GiveBoxen erwähnen. Das sind öffentliche Regale/Schränke, in die man einfach kostenlos Bücher ablegen oder mitnehmen kann. Bei den GiveBoxen sind es dann zum Beispiel Dekogegenstände oder Elektrokleingeräte, die jeder mitnehmen oder loswerden kann.
Was Reparaturen vor allem von Elektrogeräten angeht, so sind wir leider in einem Zeitalter angekommen, in dem viele Dinge so produziert werden, dass viele Teile einfach fest verbaut/verklebt und nicht mehr austauschbar sind. Wie zum Beispiel bei Handy-Akkus oder Ähnlichem, so dass allein dadurch die Lebensdauer des Gerätes extrem verkürzt wird. Und das nur, um den Umsatz neuer Geräte zu fördern.
Hier gibt es eine tolle, aktuelle ZDF zoom Doku dazu:
https://www.youtube.com/watch?v=mrWusWmDIu4
Also nochmal, ein toller Beitrag
Liebe Grüße,
Manuela
Liebe Manuela,
ganz herzlichen Dank für Deinen wertvollen Kommentar und die Anregungen. Das mit den GiveBoxen ist auch für mich neu und ich muss mal schauen, ob es solche hier auch gibt! Danke auch für Deine Anregungen, stammen sie doch von jemandem der sich seit 10 Jahren mit diesem Thema befasst und darüber bloggt! Ich bin Fan von Deiner Seite und werde sie öfter besuchen!
Grüße Birgit
Ich versuche einiges solange wie möglich zu behalten und wenn ich etwas benötige, dann muss es kein Neukauf sein. Mit gebrauchten Möbeln komme ich auch sehr gut klar, weil ich bin der Meinung, einmal produziert reicht und kann man auch weitergeben (kommt natürlich auf den Zustand an. Jedes Jahr diese unzähligen Kollektionen in der Modebranche, braucht man das wirklich ? Ich nicht, auch da gehe ich zum Recyclinghof und man glaubt nicht, was man da für tolle Kleidung bekommt und spart noch Ressourcen damit. Man sollte erst überlegen, bevor man neu kauft Bei Lebensmittel achte ich auf bio und nachhaltig, lieber etwas weniger, aber mal etwas besseres !
Danke Katrin für Deine Anmerkungen und ich kann diesen nur absolut zustimmen. Ich freue mich immer über jeden, der mit hilft die Welt lebenswert zu erhalten! Hoffentlich stecken wir noch viele damit an.
Ressourcen lassen sich auch kräftig schonen, indem wir beim Kauf von Nahrungsmitteln darauf achten, möglichst wenig Verpackung mitzukaufen, und wenn, dann lieber Karton als Plastik. Karton lässt sich in den Kreislauf zurückführen, was beim Plastik nur ansatzweise funktioniert.
Ideal sind natürlich Läden mit «Unverpackt»-Konzept. Doch die sind (noch) selten.
Danke für diesen Kommentar lieber Walter und Du hast völlig recht: Lebensmittel sollte jeder so unverpackt wie möglich kaufen! Ich bin ja schon glücklich, wenn möglichste viele Ihre Netze für Gemüse und Obst von zu Hause mitbringen. Unverpackt einkaufen für Nüsse und Haferflecken etc ist ja schon fast die Kür!