oder Jobwechsel mit Ü 60!
Längere Zeit ist hier nichts passiert. Warum? Weil ich mich mal wieder aus Bewerbungstour gemacht habe! Ja ihr habt richtig gelesen – in meinem Alter von 62 Jahren. Einige von Euch, die mich persönlich kennen, merken jetzt vielleicht an, dass ich doch „gerade erst“ eine neue Position angenommen hatte. Jep. Das war im Februar 2019 gerade vor bevor die Corona Lockdowns begannen. Und auch richtig ist, dass ich vorher bei einer Firma gerade mal 6 Monate angestellt war, als diese feststellte, dass sie uns neue Mitarbeiter doch nicht brauchen mangels Zulassung des Produktes.
Jetzt also die 3. neue Stelle innerhalb von nicht einmal 3 Jahren! Aber ich jammere nicht darüber. Es ist meine ureigene Entscheidung. Bei dem Unternehmen für das ich jetzt arbeite herrscht gerade totales Durcheinander. Die Firmenleitung scheint keine rechte Strategie zu haben, wie das Team welches sie vor 1,5 Jahren hinzugekauft haben produktiv einzusetzen ist. Ob das Team jetzt nur von medical support auf Verkauf umgemodelt wird und ob das Team Ende des Jahres noch als sinnvoll angesehen wird? Das alles steht in den Sternen. Ich werde jetzt lieber selber aktiv, als zu warten, bis jemand mit mir etwas tut.
Hohe Ansprüche nicht nur an mich selbst – auch an die Firma
Klar kamen auch Fragen von Bekannten, ob ich nicht lieber schon in Rente gehen würde? Funktioniert aber nicht, weil ich privat krankenversichert bin, weil mein Mann selbstständiger Künstler ist und weil meine Firmenrenten erst ab 66,5 Jahren bei mir ausgezahlt werden.
Ergo habe ich mich mal wieder auf LinkedIn begeben. Als Plattform für die Jobsuche ist dieses Social Network echt gut zu gebrauchen. Angebote von Headhuntern landen hier fast wöchentlich in meinen E-Mails. Da ich ein recht spezialisiertes Wissen in der Onkologie/ Immunologie und seltenen Erkrankungen aufweisen kann, und nicht nur als Medical Science Liaison Manager sondern auch als Key Accounter, Projekt- und Produktmanager gearbeitet habe, galt es für mich nur noch herauszufinden, welche Hürde mein Geburtsdatum bei der Suche nach einer neuen Position darstellen würde.
gute Vorbereitung der Unterlagen – ein MUSS
So bin ich einfach ins kalte Wasser gesprungen: habe einige Stellenausschreibungen herausgefischt, die mir gefielen und habe ganz geradeaus die Headhunter für diese Stellen angeschrieben. Insgesamt glaube ich waren es 8. Meinen Lebenslauf, zu neudeutsch ja nur noch CV genannt, hatte ich vorher selbstverständlich aktualisiert und sowohl auf deutsch als auch auf englisch vorbereitet zum Versenden. Zeugnisse eingescannt und eine prinzipielles Anschreiben was jeweils individuell angepasst wird auf die entsprechende Ausschreibung lagen ebenfalls auf meinem Rechner bereit.
Ganz interessant fand ich, wie sehr der Markt sich mittlerweile internationalisiert hat. Auch für eine rein deutsche Stellensuche habe ich mindestens zu 50 % auf englisch mit den Headhuntern sprechen müssen, da diese selber oft von England aus international arbeiten. Ich führte einige wirklich nette Gespräche in denen ich auch nie aus meinem Alter einen Hehl machte, sondern ganz proaktiv dieses angesprochen habe. Eher ein Problem schien bei einigen der Stellenausschreibungen mein Gehalt zu sein, welches zwar völlig in der normalen Bandbreite liegt, wie mir mehrere Personalberater bestätigten. Aber natürlich setzten nicht alle Firmen auf die Erfahrungen bei neuen Mitarbeitern, und jünger bedeutet eben fast immer auch weniger Gehalt.
Ohne englisch geht gar nichts mehr
Ich habe bei meiner Suche auch von Anfang an Wert darauf gelegt, nicht auf die Stellenausschreibungen bei den ganz großen Firmen zu reagieren. Ich möchte wieder für eine kleine oder mittelgroße Firma arbeiten, die keine ganz eng vorgegebenen Prozesse hat. Nur einem solchen Umfeld sind meine vielen Berufserfahrungen wirklich von Wert. Da ich gerne über den Tellerrand schaue bei meiner Arbeit und sehr Kunden orientiert agiere, braucht es gewisse Freiheitsgrade um wirklich erfolgreich arbeiten zu können. Diese Freiheitsgrade gibt es bei den großen Firmen meist überhaupt nicht mehr. Zum Glück gibt es immer wieder Innovationen die auch anfangs von kleineren Firmen in den Markt gebracht werden. (Später werden die dann fast alle von großen aufgekauft…). Klar, langfristige Sicherheit gibt es bei solchen kleineren Firmen kaum, wie ja auch meine Wechsel zeigen. Aber in der heutigen Welt scheint Langfristigkeit bei unseren Denk- und Entscheidungsprozessen ja eher in den Hintergrund zu rücken…
Jedenfalls habe ich es in 2 Bewerbungsprozessen gleichzeitig in die letzte Runde geschafft. °°HURRA°° Einmal war der gesamte Prozess virtuell, für die andere Stelle musste ich mal eben kurzfristig nach München reisen. In beiden Fällen mussten Präsentationen einer wissenschaftlichen Publikation vorbereitet und präsentiert werden und auch hier wurde englisch gefordert. Interessant fand ich, dass meine Gesprächspartner fast ausschließlich Frauen waren!
Mein Rezept: natürlich und authentisch sein
Die Inhalte waren meist sehr fachlicher wissenschaftlicher Natur. Aber natürlich auch Fragen, warum ich wechseln möchte? Wie ich mit Schwierigkeiten umgehe, z.B. weil zur Zeit kaum persönlichen Kontakte im Krankenhausbereich möglich sind oder auch wie ich innerhalb eines Teams agiere? Ich konnte auf fast alle Fragen einfach aus meinem persönlichen Arbeitserfahrungen antworten. Dieses schien eine hohe Glaubwürdigkeit zu haben und am Ende konnte ich tatsächlich zwischen 2 Stellen auswählen! Ich bin total zufrieden und alles in allem hat es keine 3 Monate gedauert!
So werde ich also zum 1.Juni 2022 in einem wie ich bisher finde sehr netten und hoch engagierten Team neu starten und mich wieder in neue Indikationen einarbeiten und ansonsten vom Homeoffice aus das nördliche Drittel der Bundesrepublik betreuen. Aber das alles ist für mich nichts neues. Ich freue mich sogar daraus, wieder neue Kollegen zu haben und auch mit neuen Indikationen zuarbeiten. Leider ist die Corona-Krise besonders im medizinischen Bereich noch längst nicht vorüber und so sind persönliche Besuche und auch Kongresse immer noch eher die Ausnahme.
Die Welt ändert sich gerade an so vielen Stellen in so rasantem Tempo, dass man sich manchmal vorkommt, wie in einem Floss auf einem reißenden Fluss, wo steuern ganz schön schwierig ist. So ist es wohl auch keineswegs mehr selten, mit ü 60 nicht an die Rente zu denken, sondern sich einen neuen Job zu suchen. Ich kann nur Mut machen, sich selbst treu zu bleiben und sich einfach ganz angstfrei auf die Suche zu begeben. Oldies haben durchaus ihren Wert!
2 Comments
Auch so gut geschrieben!
War auf dich durch deinen FB-Beitrag, den Tina (Bettina A. Müller) auf ihrer Seite veröffentlicht hat, aufmerksam geworden…..
Seit 2 Monaten arbeitest du nun in deinem neuen Job. Hoffe, es gefällt dir und wünsche dir Erfolg und auch Spaß.
Danke Dir Tina und der neue Jb ist bisher wirklich gut und ich habe tolle Kollegen! Das ist soo viel wert!
Alles Gute auch für Dich
Birgit