wenn die Relationen verlorengehen…

und der „gesunde“ Menschenverstand intubiert auf der Intensivstation ums Überleben kämpft

Ein Artikel in den Kieler Nachrichten ist für mich mal wieder ein Grund, sich hier auszulassen. Allerdings kann ich nicht garantieren, dabei nicht das eine oder andere Mal ironisch zu werden! In Kiel hat man ein Konzert eines Deutschen, der professionell Didgeridoo spielt abgesagt, weil das Didgeridoo Kulturgut der australischen Ureinwohner sei! Geht’s noch??? Musik ist ein WELTkulturgut und es ist doch völlig egal, ob ein Instrument typisch für eine bestimmte Region ist! Und die Musik darf auch nicht nur von Menschen die dort leben gespielt werden! Das Oktoberfest ist urbayrisches Kulturgut und wird mittlerweile in die ganze Welt exportiert! Ich mutmaße mal, der triviale Grund ist schlicht, dass sich damit gut Geld verdienen läßt…

Wollt ihr alle in Zukunft wieder nicht nur auf traditionelle Chinesische Medizin in Europa verzichten, sondern auch auf die Italienische Pasta und das Wiener Schnitzel wenn ihr auf Mallorca seid, weil diese dort möglicherweise von einem Spanier zubereitet werden? Haremshosen + Baseballcaps dürfen dann übrigens von Europäern keinesfalls mehr getragen werden, da diese aus anderen Kulturkreisen/-regionen stammen. Kaffee dürfte in Zukunft nur noch von Mittelamerikanischer Bevölkerung zubereitet werden, Tee wiedrum nur von Asiaten. Trinken wir dann Bier schon zum Frühstück? ICH WILL DAS NICHT! Und wenn ein Europäer Dideridoo beherrscht finde ich das toll. Anna Netrebko ist auch keine Italienerin und singt Opern von Verdi!

Warum sollte ein Kulturgut ausschließlich am Entstehungsort stattfinden dürfen?

Aber ich finde der gesunde Menschenverstand ist noch aus vielen anderen Gründen zum Intensivpatienten geworden. Wenn die Relationen zwischen wichtigen und unwichtigen Dinge nicht mehr stimmen dann ist das ungesund! Oder findet ihr dass die folgenden Beispiele richtige Relationen darstellen?

• Wenn ein internationaler Fußballspieler jedes Jahr Millionen verdienen kann weil er ein Millionenpublikum unterhält. Ein Pfleger im Schichtdienst auf der Intensivstation der für Menschenleben verantwortlich ist nicht mal ein 10tel davon verdient und ein Polizist in München sich keine Wohnung mehr leisten kann?
• wenn das Gendern genauso wichtig ist wie der Klimawandel, der unser aller Lebensgrundlage in Frage stellt? Ich finde absolut, dass niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt werden sollte, aber Sprache ist ein Kulturgut und kennt manchmal keine Weiblichkeitsform für einen Begriff, wie z.B. Joker. Ich würde mich nie benachteiligt fühlen, wenn das *In fehlt, aber eine ungleiche Bezahlung für gleiche Arbeit als extrem ungerecht empfinden.
• wenn ein Nachbarschaftsstreit über unterschiedliche Ansichten der Gartengestaltung bis zum obersten Gerichtshof unsere Steuergelder frisst aber die Kirche es nicht fertig bringt, ihren jahrzehntlelangen sexuellen Missbrauch aufzuklären, die Täter zu bestrafen und die Opfer zu entschädigen?

Diese Liste ließe sich mit so vielen weiteren Fakten fortsetzen. Alle regen sich auf über irgendetwas, aber – und hier möchte ich meine FB Freundin Heike Rost zitieren: „…Eine immer komplexere Welt, die vielen bedrohlich scheint und die von vielen Menschen nicht (mehr) verstanden wird. Eigene Verantwortung zu übernehmen, haben viele eher verlernt – oder sie können es nicht (mehr). Projektion auf Feindbilder, Ressentiments, wo ein „sich an die eigene Nase fassen“ nötig wäre. Der Wunsch nach »Vaterfiguren«, die Probleme lösen – auch Projektion. Zunehmende soziale Verwerfungen und Armut.“ Sie hat leider sehr Recht. Nationalistische Parteien und Politiker rund um die Welt erhalten Zulauf wie kaum jemals zuvor. Ich finde aber, wenn jeder einzelne wieder beginnt, sich selbst ein kleines bisschen weniger wichtig zu nehmen und den gesunden Menschenverstand nicht nur bei Politikern verortet sieht, sondern auch bei sich selbst, dann wäre viel gewonnen.

Wenn wir so weitermachen und unseren Menschenverstand nicht wiederbeleben und gesunden lassen, dann haben wir es tatsächlich nicht verdient, als ein „vernunftbegabtes“ Wesen bezeichnet zu werden. –> woran ich schon länger zweifle, da wir die einzige Spezies zu sein scheinen, die (bewußt) ihre eigenen Lebensgrundlagen ruiniert.

So. Das mußte ich mal loswerden.