oder Jungsein ist auch kein Privileg
Die Menschen werden immer älter. Anteilig an der Bevölkerung werden die Alten immer mehr. Aber niemand will alt sein! Ist das nur paradox oder eine kollektive Wahrnehmungstäuschung von uns Alten?
Wenn du 25 bist, sagen alle: Du bist ja noch jung! Wenn ich 65 werde und sage ich bin alt, ernte ich geradezu Empörung: „Du bist doch nicht alt!“. Warum will heute niemand alt sein, obwohl er es faktisch so ist? Ich sage, weil Alter und alt werden negativ konnotiert ist!
Wir leben in einer Gesellschaft, die dem Jugendwahn hinterherläuft. Alle wollen jung, gesund und erfolgreich sein. Aber Jungsein ist kein Privileg. Altsein schon eher, denn nicht alle werden überhaupt alt. Warum haben wir vom Älterwerden so ein negatives Bild? Alte haben keinen Spaß, sind nicht sexy, sie sind nicht mehr agil und haben keine Lust auf Neues? Wertschöpfung durch Ältere? Wer spricht darüber? Wir werden in der Werbung meist als weißhaarige, gebräunte Menschen, die für Treppenlifte und die Apothekenumschau werben dargestellt. Gleichzeitig werden für uns Ältere und Alte alberne Umschreibungen wie „Silver-Surfer“, „Best-Ager“ und „Golden-Generation“ erfunden.
Das wahre Problem liegt doch viel tiefer: die Wertschätzung für die alten Menschen in der Gesellschaft fehlt. Am liebsten würden wir sie unsichtbar machen, uns mit ihren Themen (Renten, Krankheiten, Einsamkeit) gar nicht befassen. Aber wir Baby-Boomer – die Generation, die zwischen 1950 und 1964 geboren wurde – sind viele. 2022 wurden in Deutschland 0,74 Mio Menschen geboren, 1964 waren es 1,36 Mio. Einfach so zu tun, als gäbe es uns nicht – funktioniert nicht. Außerdem sind viele dieser Generation in verantwortungsvollen Positionen in der Wirtschaft, der Medizin, der Politik, dem Journalismus, der Kunst, und auch im Handwerk schlichtweg UNENTBEHRLICH.
Befreit das Altern und das Altsein von Klischees und nehmt uns als das, was wir sind: Menschen mit mehr als 60 Jahren Lebenserfahrung und angesammeltem Wissen. Mit grauen oder gefärbten Haaren, mehr oder minder gesund, aber mit jeder Menge Energie das Leben und die Gesellschaft mitzugestalten!
Alt SEIN ist nicht gleichzusetzen mit alt FÜHLEN
In vielen Naturvölkern wurden die Alten geschätzt, weil Sie Erfahrung und Wissen hatten und dieses an die Jungen weitergegeben haben. Heute braucht es das nicht mehr, es gibt ja Google!? Neee. So einfach ist das nicht.
Elke Heidenreich hat ein interessantes Buch über das Altern herausgebracht. Die Tatsache, dass es das Buch auf Platz 1 der Bestsellerliste beim Spiegel brachte, spricht schon für sich. Zeigt es doch, wir sind so viele, dass wir Bücher zu Bestsellern machen können (oder meint Ihr, das Buch wurde hauptsächlich von jungen Menschen gekauft….?) In dem Buch zitiert Heidenreich unter vielen anderen auch den schon legendären „Rolling Stone“ Keith Richards, der mit über 80 noch auf der Bühne steht: „Wer die Angst vor dem Alter überwunden hat, kann es genießen“ ….und „ein Mittag- oder Abendessen ohne ein Glas Wein ist lächerlich“.
Ich denke, die GELASSENHEIT, die aus diesen Worten spricht, ist ein ganz wichtiges Attribut von uns Alten. Damit können wir das Leben aushalten und in Würde älter werden.
Und noch etwas: Alt SEIN heißt nicht, sich auch alt zu FÜHLEN. Dies schreibt eine Frau des Jahrgangs 1959, die sich selbst gern als alt bezeichnet und dafür kämpft, dass andere sich das ebenfalls trauen.
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