das Beispiel der Färöer-Inseln im Nordatlantik
Stell Dir vor, Du gehst in der Mittagspause spazieren, triffst zufälligerweise den Regierungspräsidenten, der auch auf dem Weg zum Mittagessen ist und berichtest ihm in einem Gespräch, was Dir gerade unter den Nägeln brennt. Er hört zu und nimmt die Sache mit in die nächste Kabinettssitzung.
Oder der Künstler, auf den die dänische Königin aufmerksam geworden ist und den sie persönlich in seinem Atelier besuchen möchte. Er lässt ihrem Büro ausrichten, dass die dänische Königin nicht willkommen sei bei ihm, aber Margarethe gern kommen kann. Das Büro ist entsetzt, so ginge das nicht. „Fragen sie sie doch einfach“ so die Antwort des Künstlers. Die Antwort der Königin: Margarethe freut sich sehr, sie zu besuchen. In den nächsten Jahren war die Königin immer wieder als „einfacher“ Mensch Margarethe bei dem Künstler zu Gast.

Oder dass die eigene Sprache der Färinger lange Jahrhunderte nur „überleben“ konnte, weil alle Geschichten, Gedichte und Lieder auswendig gelernt wurden. Da alles, was geschrieben war immer Dänisch sein musste und es somit keine färingischen Schriften gab. Heute wird färöisch, eine klangvolle aber recht fremde Sprache, die dem Isländischen ähnlich ist, wieder gesprochen UND ist AMTSPRACHE zusammen mit Dänisch.
Oder die landestypischen Grasdächer der Holzhäuser: sie sind noch heute nach modernster Bauphysik die energetisch und für das Raumklima beste Isolation für Dächer überhaupt. Da kommt kein modernes Dach heran.

Auch auf ihre traditionelle färingische Tracht sind besonders die jungen Menschen hier wieder stolz. In den 80ger Jahren war es noch die Ausnahme, dass auf Abschlussfesten und Feiern die Tracht getragen wurde. Heute ist es wieder genau umgekehrt: kaum ein junger Mensch trägt sie NICHT zu feierlichen Anlässen. Jeder hat eine ganz individuelle Version und eine solche Tracht kostet ca 5000-6000 €. Viele junge Frauen nähen dieses schöne Outfit sogar selbst.
Ein weiteres schönes Beispiel für pragmatische Handlungsweise: als Ende des 20. Jahrhunderts die Tradition der Technik zum Bau der speziellen hölzernen unsinkbaren Ruderboote der Färöer verlorenzugehen drohte, beschloss die Regierung, dass in die Ausbildung des Holzhandwerks zum Bau der Häuser auf den Faröer in Zukunft auch den Bau dieser Boote beinhalten würde. Mittlerweile gibt es wieder mehr Bootsbauer als Häuserbauer!

Das alles sind nur Beispiele dafür, dass eine kleine, überschaubare Gesellschaft wie die der 55.000 Einwohner der Färöer, die selbstverwaltet in der dänischen Monarchie leben, inmitten des rauen Nordatlantiks, zwischen den Shetlandinseln und Island ein sehr. selbstbestimmtes, modernes & pragmatisches Leben führen. Sie leben eine bemerkenswerte und eigenständige Symbiose aus Tradition und modernen Errungenschaften. So haben sie z.B. eine innovative IT-Industrie aufgebaut und gehen trotzdem noch ihrem überlieferten Walfang nach.
Ja der Walfang! Auch ich habe mich lange geweigert, die Färöer zu besuchen, weil ich gegen diesen Walfang war. Jetzt, mit den Informationen, die ich aus erster Hand von den Färingern bekommen habe, sehe ich das anders. Warum? Weil diese Inseln, wenn sie nicht von außen versorgt werden können – aus welchen Gründen auch immer – auf eine eigene Nahrungsmittelversorgung angewiesen sind und das geht nicht ohne den Wal. Auch heute noch wird der gesamte Wal aufgeteilt und verwertet. Dabei bekommen alle Rentner und Bedürftige immer einen Anteil. Außerdem werden die Wale nicht „gejagt“, sie kommen in die Buchten der Inseln. Außerdem muss ein solcher Wal erst einmal „freigegeben“ werden, vom Ortsbürgermeister, einem Naturschützer und einer 3. Person. Außerdem betreiben die Färinger ausgiebige Walbeoachtungen und -forschungen und verringern nicht die Population der Grindwale. Mir zeigt das, dass wenn man verantwortungsvoll mit der Bejagung umgeht, gefährdet das keine Bestände.
Leider ist das im weltweiten Kontext meistens nicht abgestimmt und damit auch nicht immer gewährleistet.
Mich haben die Färöer landschaftlich mit ihrer wilden und rauen Schönheit sehr gefesselt. Selbst wenn ich nur 4 Tage dort und mit einem großen Reisebus unterwegs war, habe ich viel gesehen und von unserem wunderbaren färingischen Reiseführer Jogvan Hovsholm auch all diese interessanten Informationen bekommen. Sie haben mich für die Lebensweise auf diesen Inseln sehr begeistert und ich möchte unbedingt noch einmal selbstbestimmt die Inseln bereisen … das „Land of Maybe“ Danke möchte ich hier dem Ankerherz Verlag sagen, der diese Reise organisiert hat









10 Comments
schöne, interessante Reisedokumentation, sehr gerne gelesen…
LG Wolfgang
Danke lieber Wolfgang, freut mich, wenn das Lesen Freude bereitet hat!
Hach, ja!!! Steht auf meiner Liste liebster Reiseziele auch ganz oben. Dieses Unprätentiöse, Pragmatische gefällt mir sehr – so stelle ich mir die Menschen nach deiner Beschreibung vor. Ergänzt vermutlich das Spektakuläre der Natur – naja, zugegeben: Spektakulär oder nicht … Das liegt immer im Auge der Betrachterin. Für mich wäre es das vermutlich, hat mich doch Island (im März! Zweimal!) schon so stark beeindruckt.
Danke für diesen tollen Bericht! Und dann hast du die Fahrt auch noch mit einem meiner absoluten Lieblingsverlage gemacht … Hab mindestens die Hälfte aller im Ankerherz-Verlag erschienen Bücher gelesen … An alle: Hauptthema sind die Helden des Alltags. Nur mal so …
Es grüßt ganz herzlich
Maria, die Buchhebamme
Hallo Maria, ja,ich empfand die Menschen dort als herzlich und offen. Einfach eine kleine, modere Gemeinschaft, die sehr pragmatisch mit Problemen umzugehen versteht! Ein Besuch lohnt sich wirklich und über die Smyril-Line gibt es tolle Angebote für Fähre, mit Auto und Kabine sowie Hotel auf den Inseln!
und Ankerherz ist wirklich ein schöner Verlag, dadurch dass Hollenstedt und der LAden bei mir um die Ecke liegt, kann ich auch durchaus schnell mal rüberfahren, wenn dort eine Lesung stattfindet. ich liebe die Bücher auch… vorallem die Haptik!
Viele Grüße , Birgit
Liebe Birgit, wie schön die Reise aus diesem anderen Blickwinkel und den vielen Informationen nochmal Revue passieren zu lassen. So vieles haben wir in diesen kurzen 4 Tagen erfahren. Vielen Dank und Grüße aus dem Süden Claudia
Liebe Claudia, ist für mich auch spannend, von einer „Mitreisenden“ ebenfalls einen Blogbeitrag lesen zu können! Danke. für Dein Feedback und „schee wars“ Grüße zurück in den Süden schickt Dir Birgit
Das klingt beeindruckend schön! Könnte mir dort gefallen. Freue mich für Dich, dass Du eine gute Zeit dort hattest.
Danke. liebe Ines. ich kann gar nicht genug schwärmen! Bin mit der faröischen Smyril-Line Fähre über den Nordatlantik gefahren, allein das ist schon ein tolles Erlebnis! Falls Du Fragen haben solltest, melde Dich gern!
Ein richtig toller Blog! Nicht, wie die üblichen Reiseberichte, dafür sehr zum Nachdenken und Hinterfragen der eigenen Einstellungen geeignet. Und vor allem: Lust machend, die Färöer (nochmal) zu besuchen.
Vielen Dank!
danke für Deine motivierenden Worte, Gerd! Und. wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja eines Tages auf den zauberhaften Färöer-Inseln wieder …. weißt ja, land of maybe!